Zeitfenster
Warum ist das Zeitfenster, um eine transhumanistische Evolution zu starten, nur wenige Jahrzehnte klein?
Geologische Untersuchungen
lassen viele Schlüsse zu, in welchen erdgeschichtlichen Epochen es
welche Ereignisse gab. Es sind sogar Einzelereignisse wie
Vulkanausbrüche und Asteroideneinschläge abzulesen. Selbst die
Folgewirkungen solcher Ereignisse lassen sich an den Unterschieden über
und unter dieser Ereignisschichten ablesen. Eine technologische
Zivilisation würde sich in den Ablagerungen der Sedimentschichten
deutlich zeigen (Rußschichten, Mikroplastik, chemische
Sonderablagerungen, ... jeder technische Eingriff in natürliche Abläufe
zeigt Folgen in den Sedimenten). Wir dürfen also davon ausgehen, dass
wir die erste technologische Zivilisation auf diesem Planeten sind.
Ermöglicht wurde uns diese Entwicklung durch den Sonnenenergie-Speicher
der Biosphäre. Wir konnten in den letzten 300 Jahren Energien verwenden,
welche in Millionen und Milliarden Jahren Erdgeschichte von der Sonne
aufgenommen und im Boden als fossiler Brennstoff abgelagert wurden.
Daraus entstand eine evolutionäre Schwungkraft, die uns heute trägt und
uns ermöglicht, Technologien zu entwickeln, um uns von diesen fossilen
Brennstoffen abzukoppeln. Ein zweites Mal wird ein derartiges «Schwung
holen» nicht möglich sein. Auf der anderen Seite ist diese
technologische Entwicklung eine Gesamtleistung der Menschheit und nicht
die eines Staates oder gar eines Menschen. (Wie Matt Ridley in seinem
Vortrag «Wenn Ideen Sex haben» deutlich zeigte, gibt es heute keinen
einzigen Menschen auf dieser Welt, der weiß, wie man eine Computermaus
herstellt.) Die gesamte Technik unserer Zeit ist eine Kollektivleistung,
die uns durch die letzten 300 Jahre industrieller Innovationen nur
durch den Gebrauch fossiler Energien ermöglicht wurde. Aber diese
Energien sind so gut wie aufgebraucht und haben zudem deutlich negative
Begleiterscheinungen, auf die wir reagieren müssen. Gelingt es uns
nicht, uns durch nachhaltige Technologien mit Energie zu versorgen, und
gelingt es uns nicht, eine CradleToCradle-Wirtschaft zu etablieren
(C2C), in der keine Ressourcen mehr verschwendet werden (es gibt keinen
Abfall, nur frei werdende Ressourcen), dann haben wir die einmalige
Chance verpasst, die uns durch den Verbrauch fossiler Energien geboten
wurde. Dann wird sich die Weltbevölkerung in Klimakrise und Hungerkrise
in Ressourcenkrieg und Katastrophen wieder auf wenige hundert Millionen
reduzieren und durch die regionale Aufsplitterung uns jeder Macht
berauben, die Grenzen dieses Planeten jemals zu überschreiten. Das mag
für so manchen (retroromantischen) «Gaia-Esoteriker» auch ganz in
Ordnung sein. Und möglicherweise gelingt es uns wieder, im Einklang mit
biologischen Prozessen ein vielleicht kürzeres, aber doch erfülltes
Leben zu genießen. Das ist okay. Aber die Evolution auf diesem Planeten
hat dann keinen nennenswerten Einfluss auf die weitere Entwicklung
dieses Kosmos. Denn auch zukünftige intelligente Tiere auf diesem
Planeten werden keine zweite Chance erhalten, ohne die
«Anschubfinanzierung» durch fossile Brennstoffe. Die Erde ist danach wie
eine Pflanze, die zwar blühte, aber keinen Samen produziert, der das
Leben weiter trägt.
Gelingt es uns aber, dass wir
uns als eine Menschheit begreifen und die Herausforderung annehmen und
bewältigen, die Folgen der 300 Jahre industrieller Entwicklung, des
Ressourcenverbrauchs und des CO2-Eintrags in die Atmosphäre zu
minimieren, dann haben wir alle Tools, die wir brauchen, um die
Entwicklung des Lebens auf der Erde als Keim des Lebens für die Weiten
des Alls hinauszutragen und eine Informationsvernetzung anzustoßen,
welche am Ende (Punkt Omega) die Ähnlichkeit der neuronalen Vernetzung
in unserem Gehirn mit der Struktur der Supercluster der Galaxienhaufen
nicht nur auf die Materie beschränkt.
Lasst uns hier und heute beginnen, den kollektiven Geist des Kosmos zu kreieren.
Gerhard Höberth, August 2022, Roadmap des Transhumanismus
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