Evolutionärer Idealismus
und
Bernardo Kastrups kosmischer Idealismus (Teil 2)
In »Free Wiki« steht eine kurze Zusammenfassung von Kastrups Theorie. Beginnen wir damit: |
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Diese Form des Quantenidealismus basiert auf der Idee, dass die
Realität und alles Sein auf den Erkenntnissen der numerischen Physik
beruhen, die wiederum darauf hindeuten, dass unsere »physikalische
Realität« selbst nur eine »virtuelle Realität« ist. Dies beinhaltet
sowohl bekannte Aspekte der Relativitätstheorie und Quantenphysik als
auch neuere Erkenntnisse der Quantengravitation, die Raumzeit als
emergentes und nicht fundamentales Phänomen betrachten. Eine wachsende
Zahl von Wissenschaftlern geht davon aus, dass Information die Grundlage
von allem ist. Kombiniert man dies mit der aktuellen
Bewusstseinsforschung, so ergibt sich die Annahme, dass unsere
physikalische Realität eine Konstruktion innerhalb eines universellen
Bewusstseins ist, was wiederum Auswirkungen auf das Naturverständnis und
die Theologie hat.
Viele Physiker und Denker, von den Pionieren
der Quantenmechanik bis zu modernen Wissenschaftlern, haben Hinweise für
diese monistisch-idealistische Sichtweise gefunden. Das zentrale Thema
ist das »harte Problem des Bewusstseins«. Einige glauben, dass dieses
Problem nur gelöst werden kann, wenn man von einer rein materiellen
Weltsicht zu einer panpsychistischen, pantheistischen oder rein ideellen
Weltsicht übergeht, die die Existenz eines universellen Bewusstseins
anerkennt.
Ein anderer Ansatz ist die Simulationstheorie, die die
Idee vertritt, dass unsere Realität wahrscheinlich eine
Computersimulation ist. Dieser Ansatz führt jedoch zu dem Problem, dass
es theoretisch unendlich viele Simulationen in Simulationen geben
könnte, und die Frage nach der ontischen Natur der Basis aller
Simulationen wird nur aufgeschoben, aber nicht gelöst. Effizienter ist
die Idee, dass diese »Simulation« in einem universellen Bewusstsein
stattfindet.
Kastrup ist mit dieser Idee also nicht alleine. Erst in den Details wird es interessant. Er schreibt weiter:
»Wir,
wie auch alle anderen lebenden Organismen, sind nur dissoziierte
Teilpersönlichkeiten (alters) des kosmischen Bewusstseins, umgeben von
seinen Gedanken. Die unbelebte Welt, die wir um uns herum sehen, ist die
äußerliche Erscheinung dieser geistigen Zustände. ...«
Kastrup
übernimmt also die fragwürdige, weil willkürliche Grenze zwischen
lebenden Organismen und toter Materie und macht sie zur Grundlage seiner
Ontologie. Gleichzeitig postuliert er einen Geist / Gott, der sich
Gedanken über diese Welt macht und damit den in ihr lebenden Organismen
einen Kontext zur Verfügung stellt. Eine Art potemkinsches Dorf, das den
Lebewesen eine sie umgebende Welt vorgaukelt. Dieser kosmische Geist
umspült die Lebewesen mit einer Vorstellung von einer materiellen Welt.
Wie Fische, die im Wasser schwimmen, werden lebende Organismen in einem
Gedankenbecken virtueller Darbietungen gehalten. Wie er sich die
Grundlage der Lebewesen vorstellt, beschreibt sein nächster Satz:
»Die
lebenden Organismen, mit denen wir die Welt teilen, sind die
äußerlichen Erscheinungen anderer dissoziierter Teilpersonen (alters).«
Jedes
Subjekt ist also eine dissoziierte Teilpersönlichkeit von Gott / dem
Bewusstsein als Ganzem. Das ist nachvollziehbar und zwingend, wenn es
nur dieses Bewusstsein gibt und der gesamte Kosmos mit seiner
numerischen Physik sich innerhalb dieses Bewusstseins befindet. Kastrup
beschreibt auch sehr detailliert, wie er es sich vorstellt, dass
Teilpersönlichkeiten vergessen können, dass sie eigentlich das Ganze
sind und nicht nur ein Teil. Auch da bin ich bei ihm. Was er aber nicht
erklärt, weil er es nicht erklären kann, ist die Grenze zwischen
Teilpersönlichkeiten, zu denen er alles einrechnet, was
naturwissenschaftlich in die Kategorie »Leben« eingeordnet wird, bis
hinunter zur Mikrobe in seiner Toilette, und toter Materie, die nur als
zusätzliche Gedanken der Ganzheit existiert. Konsequent beschreibt er
auch den Urknall als nützliche Fiktion. Denn der ganze Kosmos kann erst
Realität sein, sobald die ersten lebenden Organismen auftauchen. Die
gesamte kosmische Evolution von Raum, Zeit und Materie bis zur
Entstehung des ersten Lebens ist dann eine von Gott erdachte Geschichte,
die den raumzeitlichen Kontext seiner dissoziierten
Teilpersönlichkeiten bildet, damit die Fische Wasser haben, in dem sie
schwimmen können.
Wie darf man sich nun diesen Unterschied
lebender und toter Materie genau vorstellen? Warum sind nicht alle Teile
unserer Realität Teilpersönlichkeiten der Ganzheit? Schließlich
befinden sich sowohl die dissoziierten Teilpersönlichkeiten wie auch die
zusätzlich erdachte Materie des Kontextes innerhalb des göttlichen
Bewusstseins als Informationen einer numerischen Physik. Diese
Zusatzannahme einer Grenze, macht seine Theorie für mich fragwürdig und
diese ist auch der grundlegende Unterschied zwischen seinem kosmischen
Idealismus und meinem evolutionären Idealismus.
In einem Aufsatz (»Das bewusste Universum«) schreibt Kastrup Folgendes:
»In
einem mentalen Universum ist die Beobachtung die physische Welt - und
nicht nur eine Repräsentation der Welt -, die die Kontextualität nicht
nur widerspiegelt, sondern ihr einen Sinn verleiht.«
Später begründet er dies mit Aussagen von Carlo Rovelli zu dessen Schleifen-Quanten-Gravitation:
»Wenn
verschiedene Beobachter dieselbe Abfolge von Ereignissen
unterschiedlich beschreiben, dann muss jede quantenmechanische
Beschreibung als relativ zu einem bestimmten Beobachter verstanden
werden. Daher kann eine quantenmechanische Beschreibung eines bestimmten
Systems (Zustand und/oder Werte physikalischer Größen) nicht als
«absolute» (beobachterunabhängige) Beschreibung der Realität aufgefasst
werden, sondern vielmehr als Formalisierung oder Kodifizierung der
Eigenschaften eines Systems relativ zu einem bestimmten Beobachter. Die
Quantenmechanik kann daher als eine Theorie über die Zustände von
Systemen und die Werte physikalischer Größen relativ zu anderen Systemen
betrachtet werden. [Rovelli, 2008]«
Mit der Grundaussage
könnte ich mich einverstanden erklären, wenn nicht die Grenzziehung
zwischen lebender und toter Materie im Raum stehen würde. Sie macht das
ganze problematisch.
Selbst sein Endfazit klingt sehr gut:
»Ich
habe einen idealistischen Rahmen als ontologische Untermauerung für die
relationale Interpretation der Quantenmechanik vorgeschlagen. Diesem
Rahmen zufolge ist ein universeller Geist das einzige ontologische
Primitivum, das aller Realität zugrunde liegt. ...«
Absolut mit dem evolutionären Idealismus im Einklang.
»...
Physikalische Systeme bestehen aus dissoziierten Segmenten dieses
universellen Geistes, die einander beobachten und von einander
beobachtet werden können. ...«
Hier beginnt es
auseinanderzulaufen. Ich vermute, dass er bezüglich »Beobachter« eine
andere Vorstellung hat als ich. Das eint die Quantenmystiker. Die
Formulierung, dass ein Quantensystem erst real wird, wenn es beobachtet
wird, verleitet zu der Annahme, dass es ein lebendiges Wesen braucht,
das hinsieht, damit etwas real wird. Was ein lebendiges Wesen IST, wird
damit nicht bestimmt, das bringt jeder Quantenmystiker von außen in die
Interpretation mit ein und je nach Standpunkt ist es entweder
anthropozentrisch nur der Mensch oder biozentrisch ein »lebendiges
System« oder irgendwas dazwischen. Meist wird aber eine Interaktion
zwischen zwei subatomaren Teilchen NICHT als Beobachtung verstanden.
Daher benötigt Kostrup die »Gedanken der Ganzheit« als Kontext für seine
lebendigen Systeme.
»Die dissoziierten Segmente bestehen aus Altern, die in den Geist-at-large eingetaucht sind.«
Kastrup
nennt die Subjekte »Alter«, die in der integralen Theorie Holons
genannt werden und zu denen Leibniz Monaden sagt. Er beschränkt diese
»Alter« aber auf das, was auch die Naturwissenschaft unter »lebenden
Systemen« versteht.
»Die Alter haben interne Zustände r, die
Quantenüberlagerungszustände sind. Das Großhirn hat den Zustand ψ, der
ebenfalls ein Quantensuperpositionszustand ist. Das Alter interagiert
mit dem Gesamtbewusstsein durch mentale Beeinflussung über ihre
jeweiligen dissoziativen Grenzen hinweg. Diese Interaktion ist eine
Quantenbeobachtung, die die physische Welt des Alters schafft und
bewirkt, dass ψ mit dem Zustand des Alters korreliert wird. Auf diese
Weise erwirbt ψ (Shannon-)Informationen über alle Alter. Durch die
Interaktion mit ψ kann die physische Welt eines jeden Alters die
Anwesenheit und die Handlungen aller anderen Altes widerspiegeln. Ich
habe diese Reflektionen als die extrinsischen Erscheinungen anderer
Alter bezeichnet. Lebende Körper sind in unseren jeweiligen physischen
Welten die extrinsischen Erscheinungen anderer Alters.«
Dies
wäre eine wundervolle und vollständige Beschreibung der Wirklichkeit,
wie sie in ihrem holographischen Charakter (ähnlich wie »Indras-Netz«)
auch im evolutionären Idealismus beschrieben wird, wenn er sich dazu
entschließen könnte, die physikalischen Parameter einzelner subatomarer
Teilchen, die nach der Interaktion mit einem anderen Teilchen aus dem
Quantenkollaps auftauchen, als äußere Manifestationen innerer Zustände
zu akzeptieren. Dies macht er mit seinem letzten Satz zunichte, indem er
diese Funktion auf »Lebendige Körper« beschränkt.
Dabei wäre es so einfach: In seiner Formulierung würde es so lauten: Das Teilchen hat den Zustand ψ, der ebenfalls ein Quantensuperpositionszustand ist. Das Alter [des Teilchens] interagiert mit dem Gesamtbewusstsein durch mentale Beeinflussung über ihre jeweiligen dissoziativen Grenzen hinweg. Diese Interaktion ist eine Quantenbeobachtung, die die physische Welt des Alters [des Teilchens] schafft und bewirkt, dass ψ mit dem Zustand des Alters korreliert wird.
Was ist so schwer daran, diese Funktion bis hinunter zur Quantenebene und die Planksche Länge der Raumzeit hin auszudehnen?
Es
würde einiges vereinfachen und der kosmologische Idealismus von
Bernardo Kastrup wäre mit dem evolutionären Idealismus vollkommen
kompatibel.
Der EvId würde lediglich mit seiner Beschreibung der
vierfachen Informationsinterpretation [Quadranten des Holons] und dem
Info-Spin über seinen kosmischen Idealismus hinausweisen und einiges
mehr erklären, was sonst noch Bestandteil von Religionen ist.
Generell kann ich als Abschluss sagen:
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