Sonntag, 5. Januar 2025

 

Der Blutkreislauf der Wirtschaft

Ein lebensnotwendiges Organ der Wirtschaft ist seine Energieversorgung. Es ist der Blutkreislauf, der neben dem Cashflow den Organismus am Leben erhält. Dieses Blut gilt es zu entgiften, denn derzeit, läuft der Kreislauf toxisch.

Jetzt, wo sich die Notwendigkeit des Klimaschutzes langsam im Mainstream durchsetzt, müssen wir umso besser aufpassen. Der Moloch der Fossilenwirtschaft will überleben. Die Strategien der Metamorphose, zu der sich die Protagonisten gezwungen fühlen, sind vorbereitet. Die Leugnung des Klimawandels war nur der erste Schritt. Es war klar, dass das nicht lange gut gehen wird. Die Strategie der Ölfirmen (und Russland als Energieexporteur) beschränkt sich deshalb nicht auf die Leugnung. Sie ist komplexer. Gerade jetzt setzt sich langsam Stufe 2 durch: »Natürlich gibt es den Klimawandel, aber er ist nicht vom Menschen gemacht.« Falls das dann irgendwann nicht mehr wirken sollte, kommt Stufe drei, die bereits in Vorbereitung ist (siehe Artikel wie: “Mit dem Klimawandel geht die Welt nicht unter” von Bjørn Lomborg): “Natürlich ist der Klimawandel vom Menschen gemacht, aber er hat doch viel mehr gute als schlechte Seiten.”

Das alles dient dem Zeitgewinn. Die Energiewirtschaft ist der größte und umsatzstärkste Wirtschaftszweig. Cashflow ist das Blut, das in seinen Adern der Wirtschaft zirkuliert. Vorbereitet wird der Umbau der Infrastruktur von Öl auf Wasserstoff (wie aus den Worten Peter Altmaiers bereits zu entnehmen ist), um die bestehenden Machtverhältnisse zu bewahren. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, dass wir dafür die drei- bis fünffache Energiemenge gegenüber einer rein elektrischen Versorgung benötigen. Viele Ölfirmen (vor allem EXXON) machen schon jetzt massiv Werbung für E-Fuels und Wasserstoff, um sich ein grünes Image zu erarbeiten. Es ist aber nicht »grün«, wenn man eine Energieversorgung aufbaut, welche für die gleiche Leistung eine zig-fache Infrastruktur benötigt. Es ist ja nicht nur die Primärenergie höher, sondern auch die infrastrukturelle und administrative Organisation sowie die politische und soziale Machtstruktur. Vor allem, wenn für den erhöhten Energiebedarf dann Atomkraftwerke der 3. Generation gefordert werden - und das wird kommen. Dann ist die Sicherheit ein relevanter Faktor, der eine Infrastruktur der Exekutive rechtfertigt, die auch als Kontrollinstanz für die Überwachung und Durchsetzung anderer für autoritäre Systeme nötigen und lebenswichtigen Strategien fungieren kann. Dabei ist es ganz leicht einzusehen, dass eine Wirtschaftsstruktur, die auf Verbrennung basiert, keine Zukunft haben kann:

Zum Gesamtenergieverbrauch:

Der Gesamtenergiebedarf der Welt (alles eingerechnet: Strom, Öl, Gas, Kohle, ...) lag 2018 bei 166 Petawattstunden (1 PWh = 10^15 Wh), (davon waren ungefähr 25 PWh elektrische Energie [von denen wiederum nur ca 2,5 PWh über 450 Atomkraftwerke erzeugt wurden. Würden wir also unsere Energie über Atomkraft decken wollen, bräuchten wir dazu fast 30.000 Atomkraftwerke.]).
Pro Kopf lag der Durchschnittsbedarf jedes Menschen bei ca. 20 MWh, wobei USA (87 MWh), Europa (40 MWh) und der Nahe Osten (37 MWh) deutlich darüber lagen.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Weltbevölkerung sich bei 10 Milliarden Menschen einpendelt, die alle denselben Wohlstand brauchen, dann sollten wir mit einem großzügig berechneten Pro-Kopf-Bedarf von 30 MWh im Jahr auskommen.

Damit kommen wir auf einen Gesamtenergiebedarf von 300 PWh jährlich.

Die Sonne bestrahlt die Erdoberfläche permanent mit einer Energie von 165.770 PW, was einen Energieeintrag der Sonne von jährlich 1,45 Millionen PWh entspricht (10.000 Mal unser derzeitiger Gesamtenergieverbrauch, was bedeutet, dass uns die Sonne in einer Stunde soviel Energie auf die Erde schickt, wie wir in einem Jahr verbrauchen.). Die Energie ist also auch ohne Kernkraft und ohne fossile Energieträger da und kann mit PV-Anlagen, Windrädern, Wasserkraft und Wellenkraftwerken geerntet werden.

Und da ist Geothermie noch gar nicht mit eingerechnet (90% der Masse jener Kugel, auf der wir leben, ist heißer als 1.000°C, der Erdkern hat 6.000°C)
Und auch die Gezeitenkraftwerke nutzen eine andere Energie, die zusätzlich existiert, die Schwungkraft des Mondes.

Ebenfalls nicht eingerechnet sind Effizienzsteigerungen: Am Beginn der industriellen Revolution lag die Effizienz des Energieeinsatzes bei 3%. Das heißt, nur 3% der aufgewendeten Energie wurde tatsächlich in produktive Leistung umgesetzt. 97% gingen durch Umwandlungsprozesse und Bereitstellungsmaßnahmen verloren. Durch immer bessere Technik wurde diese Effizienz bis zum Jahre 2018 auf 14% gesteigert. Es gehen heute immer noch 86% des Energieaufwands für Prozesse verloren, die keinen Mehrwert erzeugen.

Mehr ist mit der Technik von Verbrennung und Wärme technisch nicht machbar. Und dabei ist es egal, ob wir Erdöl verbrennen oder Erdgas, mit Kernkraft Wasser erhitzen oder Elektrizität in Wasserstoff umwandeln, um es danach zu verbrennen, um wieder Wasser daraus zu machen. 14% ist die physikalische Grenze, an der ein Optimum an Energieeffizienz erreicht ist.

Anders ist das bei Erneuerbaren Energien, bei denen lediglich zur Herstellung der Anlagen Energie aufgewendet werden muss, während der Betrieb Null Grenzkosten hat. Richtet man die Energieversorgung darauf aus, dass Elektrizität direkt gebraucht wird, geht kaum Energie durch Umwandlung verloren. Das macht Elektrizität sogar im Wärmesektor effizienter als jede Verbrennung (zB durch Eisspeicher und Wärmepumpen). Nach neuesten Berechnungen geht man von einer damit erreichbaren Energieeffizienz von bis zu 60% aus (http://www.garrisoninstitute.org/downloads/ecology/cmb/Laitner_Long-Term_E_E_Potential.pdf) .

Wenn wir also den Primärenergie-Einsatz von 166 PWh von 2018 auf 300 PWh für die Zukunft hochrechnen und danach die Effizienzsteigerung von 14% auf 60% berücksichtigen, fällt der Primärenergiebedarf für einen weltweiten Wohlstand auf 70 PWh ab, also nur etwas über 40% des Energiebedarfs von 2018.

Aber nur dann, wenn wir verhindern können, dass sich alte Strukturen mithilfe der Wasserstofftechnik erhalten können. Denn wenn wir auf Wasserstoff setzen, verringert sich unser Energiebedarf nicht auf 40%, sondern erhöht sich auf 350%! 

Die strukturelle Gewalt, die derzeit Mensch und Natur unterdrückt, kann nur aufgelöst werden, wenn sich dezentrale Energieversorgung OHNE Verbrennungstechnik durchsetzt.

Dem steht allerdings noch der massive Marketingeinsatz der bestehenden wirtschaftlichen und politischen Machtstrukturen entgegen.

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