Sonntag, 8. Januar 2012

Ist Wachstum wirklich bähbäh?

Da lese ich doch heute wieder: "Je früher wir vom Wachstumswahn abkommen, desto milder wird dies hoffentlich ausfallen können." Da ist vom Kollaps die Rede und davon, dass wir die Erde unnötig belastet haben und daher aufhören müssen, an Wachstum zu glauben ... :-(
Ich verstehe diese Ablehnung des "Wachstumsbegriffs" nicht.
Er ist mit Sicherheit falsch definiert, da gebe ich jedem recht. Es darf nicht ins Wachstum eingerechnet werden, wenn man Millionen damit umsetzt, dass man die Folgen von Umweltkatastrophen aufräumt. Es darf nicht als Wachstum gelten, wenn mit mehr Subventionen mehr Fleisch produziert wird, dass dann mit neuerlichen Subventionen nach Afrika exportiert wird um dort den Marktpreis für die dort ansässigen Bauern zu ruinieren. Es sollte nicht als Wachstum gelten, wenn noch mehr Plastikmüll produziert wird, den niemand braucht, nur weil jeder Mensch irgendwas herstellen muss um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, völlig unabhängig davon, welcher ökologische Schaden vermieden werden könnte, wenn er einfach nichts tut.

Aber prinzipiell ist Wachstum etwas Gutes, weil es Evolution bedeutet. Diese Mär vom beschränkten Platz ist falsch verstandene Logik. Die Natur ist seit fast 4 Milliarden Jahren am Wachsen, obwohl die Erde seither nicht größer geworden ist.
Die Natur ist gewachsen, indem sie den Raum, der zunächst nur mit Einzellern gefüllt war, mit einer unglaublichen Biodiversität angefüllt hat. Und innerhalb dieser Biodiversität wuchs die Natur noch weiter "nach innen", indem sie - ohne mehr Platz zu brauchen - immer komplexeres Leben schuf, bis sie schließlich Lebewesen hervorbrachte, die sich ihrer selbst bewusst sind. DAS IST WACHSTUM. Unglaublich schnelles und effektives Wachstum sogar.
Wachstum bedeutet auch "Wachstum an Komplexität" und das müssen wir: Komplexer werden in unserer Technik. Alles andere wäre ein Rückschritt und würde uns in die Steinzeit katapultieren.

Die Devise muss heißen: Wachstum JA, aber in die richtige Richtung!
Technologisches Wachstum, um besser mit der Umwelt im Einklang stehende Energieversorgung zu haben.
Wachstum, um Technik zu haben, die effizienter mit Energie umgeht.
Wachstum, um eine Infrastruktur herzustellen, die eine Versorgung mit Nahrungsmittel für alle Menschen garantiert.
Es gibt so viele Bereiche in denen wir wachsen können und müssen, um eine humane Gesellschaft weltweit zu etablieren.

Lasst uns nicht das Wachstum verteufeln. Das Wachstum ist nur schlecht, wenn es ein mehr von dem bedeutet, von dem wir ohnehin schon zu viel haben. Wachstum von Kapitalismus ohne Rücksicht auf Menschlichkeit und Natur. Davon haben wir genug, dort sollten wir uns gesundschrumpfen. Aber im Bezug auf Innovationen im Bereich dezentrale Energieversorgung, soziales Miteinander, bessere Bildung, komplexere Technik für mehr Vernetzung, besseres Recycling von endlichen Rohstoffen usw., das sollten wir vorantreiben. Würden wir z.B. mehr Wachstum in das Prinzip "C2C - cradle to cradle" investieren, dann würde uns dies ermöglichen, dass wir weiter an Komplexität zulegen und die Wirtschaft, die Technik und der Wohlstand weltweit wachsen kann, ohne dass wir - was der Club of Rome in seinem "Grenzen des Wachstums" kritisierte - überhaupt noch irgendeine Ressource aus dem Boden graben müssen.

Lasst uns gemeinsam für Wachstum sorgen. In den richtigen Bereichen!

1 Kommentar:

  1. Klar, Gerhard, damit stimme ich 100% überein. Wachstum ist solch integraler Teil des Prinzips, dass es wohl 'verleugnet', aber nie 'abgeschafft' werden könnte. Es kann aber 'missbraucht' werden, wie du ja erwähnst, im 'Wachstum der egozentrischen Wünsche'. Diese in der 'Griff' zu bekommen wäre eine lohnende Aufgabe....

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