Mittwoch, 6. Juli 2011

Der Josefspfennig

Kennen Sie den Josefspfennig? Es ist ein Gedankenspiel, das uns zeigen soll, wie schlecht Zins und Zinseszins ist. Wirklich eindrücklich sind die Zahlen, die uns da vorgesetzt werden. Wenn Josef zur Zeit von Jesus Geburt – also im Jahre 0 – einen Pfennig auf ein Sparbuch gelegt hätte, das mit 2% verzinst ist und dieses Geld bis heute niemand abgehoben hätte, wie viel wäre dann wohl heute (2011) auf dem Sparbuch?


Probieren wir das aus: Mit Zinseszins verdoppelt sich eine Geldmenge bei 2% Verzinsung pro Jahr nach ca. 35 Jahren. Im Jahre 35 wären also 2 Pfennig auf dem Sparbuch. Vereinfachen wir das Ganze und sagen wir es sind 0,01€. Im Jahre 70 wären es dann 0,02€. Klingt noch nicht sehr aufregend. Aber nach 300 Jahren sind es immerhin schon 3,-€ (woran man sieht, dass es sich für einen Menschen mit begrenzter Lebensdauer nicht wirklich lohnt, so kleine Beträge zu sparen). Nach 500 Jahren sind es schon 100,-€ und nach 1000 Jahren hat sich die Summe bereits auf 2 Millionen € hochgeschraubt. Jetzt sollten wir auf eine andere Größe umsteigen, um die Vorstellung handlicher zu machen: Der momentane Goldpreis liegt bei ca. 34.000,- € pro Kilogramm. Also hat Josef nach 1000 Jahren ein Vermögen im Gegenwert von nicht ganz 60kg Gold. Aber die Vermögensanlage geht ja weiter. Im Jahre 1300 nennt Josef ein Vermögen von 3t Gold sein eigen. Im Jahre 1500 sind 1,17 Kilotonnen daraus geworden und – um es abzukürzen – im Jahre 2011 ist das Vermögen auf ca. 30.000 Kilotonnen Gold angewachsen. Immerhin zwei Drittel des auf der Erde vorhandenen Goldes (inklusive dessen, das sich noch in den Minen befindet).

Rechnet man das Beispiel mit einer Verzinsung von 5% anstatt 2%, kommt man auf eine Goldmenge, die 1,73 Milliarden mal das Gewicht der Erde hätte.

Eindrücklich, oder nicht? Beweist das nicht, dass Zins und Zinseszins schlecht ist?

Ganz so einfach kann man es sich natürlich nicht machen. Durch das Zinssystem ist ja auch Inflation mit im Spiel. Ein Pfennig heute hat nicht den gleichen Wert wie ein Pfennig vor 30 Jahren.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Im Jahre 1948 wurde in Deutschland die DM eingeführt. Dazu erhielt jeder Bürger zunächst 40,- DM und später nochmal 20,- DM. Insgesamt waren das also 60,- DM. Aber wie viel waren die 60,- DM damals wert? Diese Kaufkraft Analyse muss ich Gott sei Dank nicht selbst vornehmen, da sie nicht nur mit der Inflationsrate zu tun hat, sondern auch mit der Geldmenge und dem Verhältnis zur Gesamtkaufkraft der Bundesbürger. An anderer Stelle wurde diese Rechnung bereits durchgeführt. Dort lesen wir, dass die 60,- DM von damals heute einer Kaufkraft von 7.860,- € entsprechen; also dem 262-fachen! Und das innerhalb von nur 63 Jahren. Wenn man das in Zins und Zinseszins umrechnet, dann bleibt die Kaufkraft einer bestimmten Geldsumme erst dann stabil, wenn sie mit mindestens 9,4% im Jahr verzinst wird.

Das Beispiel des Josefspfennigs ist also irreführend, weil durch den Kaufkraftverlust der Wert des Geldes zurückgerechnet so stark steigt, dass Josef für den einen Pfennig damals wahrscheinlich mehrfach das Gewicht des gesamten Sonnensystems in Gold hätte kaufen können. Er hätte also einen eklatanten Verlust zu beklagen, wenn er sich heute nur noch 1,73 Milliarden Mal das Gewicht der Erde in Gold leisten könnte.

Ich bin mit Sicherheit der Letzte, der den Turbokapitalismus mit seinem Casinofinanzsystem befürwortet. Ich finde es erschreckend, dass vom täglichen Cashflow von 4000 Billionen Dollar nur ca. 1,5% mit realen Waren und Dienstleistungen zu tun hat, während die restlichen 98,5% rein virtuelles Spielgeld für die Börsen ist. Aber es muss andere Argumente als den Josefspfennig geben, um Menschen davon zu überzeugen, dass hier was falsch läuft. Ich bin – als ersten aber nicht einzigen Schritt – für die Einführung einer weltweit einheitlichen Finanztransaktionssteuer. Das zu begründen und durchzusetzen wäre eine gute Aufgabe. Gehen wir sie an.

2 Kommentare:

  1. Ich glaube leider, dass im monetären Bereich auf dieser Welt leider jeglicher Idealismus nur Idealismus bleibt und nie den Weg in die Wirklichkeit finden wird...dies hat vermutlich mit der grundlegenden Schwäche der menschlichen Gier zu tun. So lange es diese gibt (gepaart mit dem unglaublichen Machtstreben einiger Menschen) wird sich in der Riege der sogenannten führenden Schichten (Politik, Finanzwesen...) nichts grundlegend ändern. "Sünde" bleibt "Sünde" und wäre ihr mit Vernunft wirklich beizukommen, wäre sie bereits 'ausgerottet'.

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  2. Es ist wohl in der Psyche des Menschen angelegt, und auch nicht zu ändern, denn konsequenter Weise hat er diesem Verhalten sein Dasein zu verdanken, leider, aber dies versteht nur ein Philosoph.

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